Warum ich lieber auf den perfekt sitzenden Bikini verzichtet hätte

Du weißt vielleicht schon, dass ich in Portugal an der Algarve lebe. Und wo es viele Strände gibt, braucht man irgendwann auch mal einen neuen Bikini. Was mir dabei begegnet ist, sind aber nicht nur Bikinis, sondern eine Lebensgeschichte.

Hier in Lagos gibt es unzählige Bikiniläden. Doch vielleicht kennst du das Problem, einen zu finden, der oben und auch unten passt, ist nicht ganz so leicht. Ich war also schon in mehreren Shops, bevor ich noch einen letzten Versuch an diesem Tag machen wollte. Der Laden wirkte von außen ähnlich wie alle anderen. Doch als ich eintrat, gab es einen entscheidenden Unterschied. Die Frau im Laden wollte mich beraten. Sie fragte mich in einem sehr guten Englisch, was ich suche. Und sie erklärte mir, dass auf der linken Seite die Modelle ausgestellt sind und sie weitere Größen in den Schubläden hätte. 

Professionell fragte sie nicht (!) nach meiner Größe, weil ihr geschulter Blick längst meine Größe analysiert hatte. Dies sei für meine Figur eher vorteilhaft und jenes eher nicht, begann sie zu erklären. 

Eine solche Beratung hatte ich lange nicht mehr erlebt und mir oft gewünscht. Doch etwas später hätte ich lieber darauf verzichtet. 

Als ich die empfohlenen Modelle anprobierte, lobte ich ihre gute Beratung. Dann erzählte sie mir, dass es früher der Laden ihrer Eltern gewesen sei. Übernommen habe sie ihn, weil es ihren Eltern so wichtig war, dass der Laden weiterhin Bestand hatte und ihr Bruder ihn nicht wollte. Sie sei Lehrerin an der Uni gewesen.

Mir vielen die vielen grauen Strähnen in ihren langen schwarzen Haaren auf und ich überlegte, wie alt sie wohl sei. Dabei wiederholte ich „Lehrerin an der Uni.“ Und das war für sie das Go. Ihr Gesicht, das vorher eher neutral war, strahlte nun. Es war so schön. Junge Menschen auf ihrem Weg in die Welt und in einen Beruf hinein zu begleiten. So sehr hatte sie diesen Beruf geliebt. Die Studenten waren so voller Energie, Neugierde und Freude, was sich so sehr auf sie übertrug und sie immer so motivierte. 

„Und jetzt unterrichten sie gar nicht mehr?“, fragte ich. Nein, nein. Das ging dann nicht mehr. Ihr Lächeln erlosch, ihre Körperhaltung veränderte sich und sie erklärte mit pflichterfüllender Stimme, dass die Uni in Lissabon war. Sie sei umgezogen und habe alles aufgegeben, weil es ihren Eltern so wichtig war, dass der Laden fortgeführt wurde. Inzwischen seien allerdings die Eltern schon gestorben. 

Ich ließ meinen Blick durch den Laden schweifen. Es waren einige internationale Brands, die sie verkaufe. Nichts handgefertigtes, keine Angestellten, nichts, womit ein Außenstehender verstanden hätte, warum dieser Laden unbedingt weiterhin Bestand haben sollte. Vor allem nicht, wenn jemand in seinem eigenen Beruf so glücklich war. Doch ich verstand es. Weil ich selbst aus einem Familienunternehmen komme. Und ich die Dynamiken und unsichtbaren Schnüre selbst erlebt habe. Sowohl beim Eintritt als auch beim Austritt aus dem Unternehmen. 

Im Laufe der Jahre hörte ich nicht wenige solcher Geschichten. Viele Kinder landen in den Firmen ihrer Eltern, weil sie an einem Punkt im Leben grad nicht genau wissen, wie es weiter geht. Vielleicht weil es im aktuellen Job gerade nicht gut läuft, weil sie in den Semesterferien im elterlichen Betrieb waren und dann … dringend gebraucht wurden, es den Eltern mal nicht so gut ging … oder oder oder. Aber es muss nicht mal der Betrieb der Eltern sein. Es gibt auch anders, dem wir erlauben, uns von unserem wahren Weg abzuhalten. 

Eine Weile, so ist meine Erfahrung, lässt das Leben einen damit „durchkommen“. Es ist wie ein Sabbatical-Jahr. Aber dann beginnt die Seele zu rufen und Unterstützung vom Leben anzufordern. In meinem Buch „Glücklichsein und andere Aufgaben“ bezeichne ich es als Zug- und Schubmotivation. 

Während ich mit ihr zur Kasse ging, passierte es, alles brach aus ihr heraus. Wie sehr es ihr missfiel, dass die meisten Leute einfach in den Laden kamen, ohne sich wirklich beraten lassen zu wollen. Dass in der Hochsaison auch mal angetrunkene Touristen in den Laden strömten. Das einer sogar etwas gestohlen hat. Sie versuchte ihn an seinem Rucksack festzuhalten, was ihr auch kurz gelang, aber sie stürzte, als er weiterlief. Sie zeigte mir ihre nach Monaten noch immer nicht verheilte Hand. Als sie mir, einer Kundin, dann auch noch die Röntgenbilder zeigen wollte, wurde mir das Ausmaß bewusst, was ihre Entscheidung für ihre Seele hatte. Doch es seien ja nicht nur die Touristen, sondern auch die anderen Ladeninhaber. Keiner habe noch leuchtende Augen wie ihre Studenten, sie würden tratschen und alles wäre jeden Tag irgendwie gleich. Und das Jahr ein Jahr aus. 

Jeder, der mit dem Herzen sieht, hätte den Ruf ihrer Seele wahrnehmen können.

Ich griff nach meinen neuen, perfekt sitzenden Bikini, den sie inzwischen in eine kleine Papiertüte gesteckt hatte und bezahlte. Als ich den Laden verlies, begleitete mich ihre Traurigkeit noch die Straße entlang. An der Ecke wusste ich, dass es Zeit war, aus ihrer Geschichte auszusteigen, mein Feld zu reinigen und meinen Weg weiterzugehen. 

Ich selbst hatte auch viele schwierige Entscheidungen zu treffen, immer wieder. Zum letzten Mal mit dem Umzug nach Portugal. Ich weiß um das Gefühl zu glauben, man habe keine Wahl, man könne die eigenen Träume nun halt mal nicht immer leben. Im besten Fall vielleicht am Wochenende oder eben halt nur für eine Weile. Bevor man dann wieder zurückgeht, wo die Gesellschaft, das eigene Umfeld und auch die eigenen Ängste einen gerne haben möchten.

Doch die Seele und das Herz sind unsere wahren Wegweiser. Nicht, dass es immer einfach wäre, ihnen zu folgen. Aber es ist der Weg, der einen langfristig in die Lage bringt, eine echte Bereicherung für die Welt zu sein. Und damit auch die Möglichkeit die Freude am eigenen Sein und Wirken zu erleben. 

So, jetzt weißt du, warum ich lieber auf den perfekt sitzenden Bikini verzichtet und für die Lissabonner Studenten eine solch engagierte und sicherlich sehr wertvolle Lehrerin gehabt hätte. Doch es bestärkt mich wieder einmal, mit meiner Berufung meinen Teil für eine neue Zeit beizutragen. Eine Zeit, in der immer mehr Frauen ihren Weg entsprechend der eigenen Seele gestalten und damit ebenfalls ihren Beitrag leisten. 

Wie ist es bei dir? Was macht es mit dir, wenn du diese Zeilen liest? 

Fühlst du dich auf deinem Weg oder eher nicht? 

Kennst du unsichtbare Schnüre? Bei Familie oder anderen Themen?

Ich kenne sie gut und ich weiß inzwischen auch wie man damit umgeht. Wenn du dich dafür interessierst, melde dich gerne. Du kannst mir einfach schreiben oder direkt auf meiner Website eine kostenloses Gespräch zum Kennenlernen buchen.

Wir leben aktuell in einer ganz besonderen Zeit. Lasst uns alle zusammen voranschreiten!

Von Herzen

Deine Karin

Deine Karin

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